Testfeld-Kampfmittelräumung am Neckar liefert neue Erkenntnisse

Der Rettungsweg wird hoffentlich nicht gebraucht werden: Er führt auf dem Neckardamm bei Neuostheim zum Testfeld für die Renaturierung, auf dem zur Zeit die Kampfmittelräumung stattfindet. Foto: Dieter Leder

Auf dem Neckardamm bei Neuostheim sind temporäre Rettungswege ausgeschildert, „Kampfmittelsondierung“ steht zusätzlich noch auf den provisorischen Schildern, die den Weg in Richtung Riedbahnbrücke markieren. Gleich hinter der Brücke flussabwärts ist auf dem Neckarvorland ein großes Areal abgesperrt, Schilder warnen vor Explosionsgefahr während Mittarbeiter einer Spezialfirma mit Bagger, Spaten und Metalldetektoren den Boden bearbeiten.

Westlich der Riedbahnbrücke wird ein Testfeld auf Kampfmittel untersucht: Es könnten Bomben oder Munition aus den Weltkriegen noch im Boden liegen. Foto: Dieter Leder

Überall auf dem Feld stecken orangenfarbene Stäbe im Boden, die aussehen wir große Streichhölzer. Es sind Markierungen zu sogenannten Kampfmittelverdachtspunkten. Ein Mitarbeiter der Räumungsfirma überprüft mit einem Metalldetektor die genaue Lage des Objektes im Boden. Der Detektor schlägt deutlich an, mal piepst er laut, dann wieder leiser.

Mit einem Metalldetektor lokalisieren die Mitarbeiter in der ausgehobenen Grube den sondierten Fund. Foto: Dieter Leder

Noch wissen die Mitarbeiter nicht, ob sich der Verdacht auf Kampfmittel bestätigen wird. Im Boden könnten sich noch scharfe und gefährliche Bomben, Granaten oder Munitionsreste befinden. Vielleicht ist es auch nur metallischer Müll oder Schrott. Eines ist jedenfalls sicher: Im Boden liegt ein Stück Metall. Um zu sehen, was wirklich im Boden liegt, schiebt ein Bagger ganz vorsichtig die oberste Erdschicht beiseite.

Testfelder für Renaturierung

Der Neckar soll in einem mehr als drei Kilometer langem Abschnitt zwischen Wasserkraftwerk und Fernmeldeturm renaturiert werden. Das Profil des Neckarvorlandes wird sich verändern, es wird flacher abfallen und auch die Steine direkt am Neckarufer werden verschwinden. Dazu werden zunächst zwei Testfelder angelegt, die als Prototypen erste Erkenntnisse für die spätere große Renaturierung liefern sollen, wie die Pressestelle der für 2023 geplanten Bundesgartenschau (BUGA23) mitteilt.

Dabei liefern die Testfelder nicht nur geologisch und biologisch relevante Daten, sie liefern auch Informationen für die notwendige Kampfmittelräumung in dem gesamten Renaturierungsabschnitt. „Die Erkenntnisse, die wir auf den Testfeldern gewinnen, werden in zukünftige Maßnahmen der Kampfmittelräumung in diesem Bereich mit einfließen“, wie die BUGA23 weiter mitteilt: Denn was auf den zwei Testfeldern gefunden wird, das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den anderen Bereichen der Renaturierung im Boden zu finden sein.

Bombentrichter enthielten nur Schrott

Die Arbeiten für die Kampfmittelräumung laufen schon länger, sie begannen im vergangenem Jahr mit dem ersten Schritt, der sogenannten Kampfmittelsondierung. So wurden auf Luftbildaufnahmen aus den 40er Jahren zwei ehemalige und mittlerweile zugeschüttete Bombentrichter auf der Maulbeerinsel lokalisiert: Bombentrichter wurden damals gerne als Entsorgungsflächen genutzt, in denen nicht selten auch Kampfmittel entsorgt wurden.

Doch in den beiden Bombentrichtern befanden sich glücklicherweise keine nennenswerten Kampfmittel, wie vergangene Woche eine Untersuchung des beauftragten Kampfmittelbeseitigungsdienstes ergeben hat: Es stellte sich heraus, dass in den Bombentrichtern lediglich „alte Schrottteile“ gefunden wurden, wie die Stadt mitteilte.

Müll statt Kampfmittel

Im vergangenen Jahr wurden ebenfalls die als Testflächen für die Renaturierung festgelegten Bereiche am Neckar mit Metalldetektoren abgesucht und verdächtige Stellen als Verdachtspunkte lokalisiert. Bei Verdachtspunkten muss eine Sondierung erfolgen, denn vor jeder Baumaßnahme muss erst einmal die jeweilige Fläche kampfmittelfrei gemessen werden, wie die BUGA23 erklärt. Dieses Vorgehen gilt für alle Bauhabensträger – und somit auch für die Bundesgartenschau-Gesellschaft.

Wie Streichhölzer mit den roten Köpfen ragen die Markierungen aus dem Boden: An diesen Stellen hatte letztes Jahr die Sondierung Auffälligkeiten gezeigt. Mit dem Bagger wird dort jetzt der Boden abgetragen und das im Erdreich befindliche Objekt genauer untersucht. Foto: Dieter Leder

Letzten Monat wurden nun die Neckarwiesen gemäht, „danach konnten wir auf die Wiesen“, so die BUGA23: Nach der Kampfmittelsondierung von vergangenem Jahr konnte die zweite Stufe, die eigentliche Kampfmittelräumung beginnen. Doch die Aktion wirkt fast wie ein Teil der parallel verlaufenden Mannheimer Reinigungswoche „Putz Deine Stadt raus!“ und hätte statt Kampfmittelräumung vielmehr den Titel Müllräumung verdient: Es wurde nur rostiger Zivilisationsmüll aus dem Erdreich geborgen, zum Glück aber keine Kampfmittel.

In Zukunft schnellere Sondierung

Alles, was die Leute weggeworfen haben, holt die BUGA 23 jetzt wieder heraus – metallische Funde wie Bierdosen, den Fuß eines Grills, Schrauben, Baustahl, Armierungen, Teile von Fahrrädern, Reste von Blecheimern, gerissene Stahlseile, einen mächtigen Eisenträger. Doch die Müll-Funde statt der Kampfmittel-Funde haben auch ihre guten Seiten, denn die Sondierungen auf den Testflächen sind schließlich auch repräsentativ für das, was auf der restlichen Fläche zu erwarten ist. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Kampfmittelsondierung auf den weiteren Flächen schneller vorangehen wird.

Metallischer Schrott und Müll wird bei der Kampfmittelräumung auf den Testfeldern gefunden, aber keine Bomben oder Munition: Die metallischen Funde des Testfeldes westlich der Riedbahnbrücke. Foto: Dieter Leder

Die detaillierte Untersuchung auf der Testfläche auf der Maulbeerinsel ist seit letzter Woche abgeschlossen, seit Montag läuft nun westlich der Riedbahnbrücke die Kampfmittelräumung, oder besser gesagt die Müllräumung. Denn bisher wurde auch dort kein Kampfmittel gefunden, sondern auch wieder nur Müll.

Metalldetektor bleibt still

Nachdem der Bagger sich zentimeterweise ins Erdreich vortastet und zwischendrin immer wieder mit dem Metalldetektor die Fläche und der Aushub untersucht wird, wird am Dienstag Vormittag kurz die Arbeit gestoppt. Laut schlägt der Metalldetektor an, das Metallobjekt muss jetzt greifbar sein. Und tatsächlich kommt zum Vorschein, was jeder vermutete: verrosteter Müll – es könnte der Metallgriff eines alten Eimers gewesen sein, der dort im Boden lag.

Nachdem der Metalldetektor nunmehr still bleibt, liegt dort kein Metall mehr im Boden. Der Bagger schüttet das Loch wieder zu und rollt ein paar Meter weiter zur nächsten Markierung. Dort schabt er wieder ganz vorsichtig zentimeterweise den Boden ab. Was später aller Wahrscheinlichkeit nach zum Vorschein kommen wird, kann sich jeder denken.

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