Afghanistan – Evakuierungsflüge führen über Mannheim

Die zivile Qatar Airways Boeing 777-300 (ER) mit der Kennung A7-BAW aufgenommen am 27. August 2021 auf dem Militärstützpunkt in Ramstein. Foto: Sinan Ü., Airplane Pictures

Sao Paulo, Kapstadt, Johannesburg, Windhoek: Wenn kurz vor dem Nachtflugverbot ab 23 Uhr die letzten großen Linienmaschinen vom Frankfurter Flughafen starten und auf ihrem Südkurs in noch nicht allzu großer Flughöhe auch Mannheim überflogen haben, kehrt am Nachthimmel über der Metropolregion langsam Ruhe ein.

Militärflugplatz Ramstein wird Drehkreuz für die Flüchtlinge

Doch seit Mitte August ist es vorbei mit der Nachtruhe, seit dem fliegen immer wieder große Maschinen in geringer Höhe über Mannheim – teilweise auch mitten in der Nacht: Es sind Evakuierungsflüge von und nach Afghanistan, die allerdings nichts mit Frankfurt zu tun haben, sondern die in Ramstein abgefertigt werden: Der Militärflugplatz wurde zum Drehkreuz für die Flüchtlinge aus Afghanistan.

Der Militärflugplatz Ramstein liegt etwa 60 Kilometer westlich von Mannheim, kurz hinter Kaiserslautern. Dort befindet sich auch das Hauptquartier der United States Air Forces in Europe – Air Forces Africa und das Allied Air Command Ramstein: Es ist das Oberkommando der amerikanischen Luftstreitkräfte für Europa und Afrika, das sämtliche militärischen Luftbewegungen auf diesen beiden Kontinenten koordiniert. Der Militärflughafen Ramstein ist die personell größte Einrichtung der US Air Force außerhalb der USA.

Eine der größten Luftbrücken in der Geschichte

Seit dem unerwartet schnellen Zusammenbruch Afghanistans und der Einnahme der Hauptstadt Kabul durch die Taliban am 15. August war der Flughafen von Kabul die letzte noch nicht von der Taliban kontrollierten Zone in Afghanistan. Da mittlerweile durch die Taliban alle Landesgrenzen in Afghanistan geschlossen wurden, war der Flughafen Kabul damit die letzte Möglichkeit, das Land noch zu verlassen. Mit einer der größten Luftbrücken in der Geschichte wurden bis Ende August mehrere hunderttausend Menschen aus Kabul ausgeflogen.

Das nächstgelegene Ziel der meisten militärischen amerikanischen Evakuierungsflüge war die Al Udeid Air Base in Katar. Außerhalb von Doha befindet sich einer der größten Flughäfen sowie auch das U.S. Central Air Command, das für alle Luftbewegungen im Mittleren Osten verantwortlich ist. Die Al Udeid Air Base ist für den Mittleren Osten von vergleichbarer Bedeutung wie Ramstein für Europa und Afrika.

Erstes Ziel: Al Udeid Air Base in Katar

In einer ersten Luftbrücke wurden viele Menschen aus Kabul zunächst zu der nur 2.000 Kilometer Luftlinie entfernten Al Udeid Air Base nach Katar geflogen. In einer provisorischen Zeltstadt auf dem Flughafen und in angrenzenden Unterkünften wurden die ankommenden Flüchtlinge dort erstmal versorgt und erfasst. Von Katar aus erfolgte die Verteilung der Flüchtlinge auf weitere Lager und Länder.

Die Boeing 777-300 (ER) der Qatar Airways mit der Kennung A7-BAW (das ist dieselbe Maschine, die Sahin Ü. am 27. August bereits in Ramstein fotografierte, siehe oben) flog von Doha kommend am 30. August gegen 20.30 Uhr in 2.000 Meter Höhe kurz vor dem Landeanflug auf Ramstein über die Metropolregion. Auf Grund von tiefen Wolken war das Flugzeug nicht zu sehen, aber deutlich zu hören. Foto: Screenshot flightradar24

Ein Großteil der in Katar zwischengelandeten Flüchtlinge wird langfristig in Europa und in Amerika untergebracht werden. Dazu werden sie in einer zweiten Luftbrücke zunächst von der Al Udeid Air Base in Katar zur Air Base nach Ramstein in Deutschland geflogen. Zur Unterstützung der amerikanischen Luftstreitkräfte bei dieser zweiten Luftbrücke sind mittlerweile auch zivile Fluggesellschaften auf den militärischen Flughäfen im Einsatz. So fliegt etwa Katars zivile Staatsairline Qatar Airways zwischen den Militärbasen Doha und Ramstein während die amerikanischen zivilen Fluglinien United und Delta zwischen Ramstein und amerikanischen Militärbasen in Nordamerika unterwegs sind.

Anflüge nach Ramstein führen über Mannheim

Die Ramsteiner An- und Abflüge von und nach Nordamerika spielen für die Metropolregion keine Rolle, diese Flüge führen nordwärts über das nördliche Rheinland-Pfalz. Allerdings führen die Flüge zwischen Doha und Ramstein genau über Mannheim und die Metropolregion. Von Doha führt die ideale Flugroute auf nord-nordwestlichem Kurs über Kuwait, Baghdad (Irak), an Ankara und Istanbul (Türkei) vorbei in Richtung Budapest (Ungarn) bevor bei Pilsen (Tschechien) der Kurs of Westen geändert wird und die Flüge über Nürnberg, Heidelberg und Mannheim direkt Ramstein ansteuern.

Eine Boeing 777-300 (ER) der Qatar Airways mit der Kennung A7-BAV flog am 28. August von Doha kommend gegen 23 Uhr in 2.000 Meter Höhe kurz vor dem Landeanflug auf Ramstein über die Metropolregion. Auf Grund von tiefen Wolken war das Flugzeug nicht zu sehen, aber deutlich zu hören. Foto: Screenshot flightradar24

Obwohl Ramstein noch 60 Kilometer entfernt von Mannheim liegt, haben die Maschinen im Landeanflug über der Metropolregion bereits ihre normale Reiseflughöhe von etwa 10.000 Meter verlassen und fliegen in nur noch etwa 2.000 Meter über Mannheim. Damit sind sie deutlich hörbar, insbesondere in der Nacht. Denn während auf dem zivilen Flugplatz in Frankfurt ein Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr gilt, können Maschinen auf dem militärischen Flugplatz in Ramstein 24 Stunden am Tag starten und laden.

Evakuierung ist beendet, doch Flüge gehen weiter

Heute Nacht (31. August) haben die letzten amerikanischen Soldaten Kabul verlassen. Die Luftbrücke aus Kabul und auch der amerikanische Militäreinsatz in Afghanistan ist damit beendet. Noch nicht beendet ist aber die Luftbrücke von Katar nach Europa und in die USA, denn in Katar warten noch tausende Flüchtlinge aus Afghanistan auf ihren Weiterflug.

Es werden damit noch viele weitere zivile und militärische Maschinen mit Flüchtlingen über Mannheim fliegen. Da das Wetter in den nächsten Tagen klarer sein soll, sind die Militärmaschinen und auch die zivilen Flugzeuge beim Anflug auf Ramstein dann nicht nur hinter Wolken zu hören, sondern auch am Mannheimer Himmel zu sehen sein.

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