Gendergerecht: Wenn Vertreter*innen der Kröten wandern

Eine Vertreter*in der Erdkröte (Bufo bufo). Foto: Bernie Kohl

Mit inklusiver Sprache soll kein Geschlecht bei der Kommunikation benachteiligt oder diskriminiert werden: Dafür hat die Grüne Gemeinderatsfraktion im November 2019 einen Antrag in den Mannheimer Gemeinderat eingebracht, in dem sie einen städtischen Leitfaden für gendergerechte Sprache fordert. Heute kommuniziert die Stadt bereits vielfach genderneutral, „das ist schon ein Erfolg“, wie die Fraktionsvorsitzende der Grünen auf Anfrage zum Stand der Dinge mitteilte: An dem beantragten Leitfaden werde derzeitig noch gearbeitet.

Es gibt in der Verwaltung eine große Nachfrage nach inklusiver Sprache, denn es herrscht eine große Unsicherheit, es richtig zu machen, so ein mit der Sache betrauter Mitarbeiter. Eine Hilfestellung soll der Leitfaden werden, er soll erklären und auch ein Bewusstsein schaffen, wie mit kleinen sprachlichen Veränderungen die Spaltung der bunten Mannheimer Gesellschaft vermieden werden kann und wie gleichzeitig allen eine gerechte Teilhabe an der Gesellschaft möglich ist.

Gendergerechte Anrede auch bei Erdkröten

Wie schwierig das bisweilen ist, zeigt eine Mitteilung der Stadt zur aktuell stattfindenden Krötenwanderung im Käfertaler Wald. Gendergerecht spricht die Stadt da von „ehrenamtlichen Helfer*innen.“ Doch auch die physische und psychische Unversehrtheit der wandernden Erdkröten liegt der Stadt sehr am Herzen, wie der Meldung weiter zu entnehmen ist: Zu deren Schutz werden nicht nur Fangzäune installiert und Straßen gesperrt, mit inklusiver und gendergerechter Sprache soll eine Benachteiligung jeder Art auch bei den Erdkröten vermeiden werden. Es heißt wörtlich in der Mitteilung: „Im Käfertaler Wald lebt die besonders geschützte Erdkröte. Vertreter*innen dieser Art wandern aus ihren Winterquartieren zum Karlsternweiher, um dort zu laichen.“

Aus der Mitteilung der Stadt Mannheim, in der sie gendergerecht von Vertreter*innen der Erddkröte spricht. Screenshot: Dieter Leder


Mit dem Genderstern wird das Wort „Vertreter*innen“ zwar wieder in den männlichen Stamm des Vertreters und der weiblichen Endung geteilt, doch heute sind dank dieser Schreibweise mit dem Genderstern in der Mitte des Wortes die bis zu 60 verschiedenen Geschlechter sprachlich gemeint und abgedeckt, mit denen sich bei der Anmeldung bei Facebook beispielsweise ein User identifizieren kann. Ob die Stadt mit der inklusiven Formulierung der Mitteilung zur Krötenwanderung tatsächlich eine Gleichstellung aller Erdkröten unabhängig von ihrem Geschlecht im Sinne hatte, darf zu Recht bezweifelt werden. Zumal viele Krötenpaare ja schon aufeinander sitzend wandern und so schon leicht für eine korrekte Anrede zu identifizieren wären.

Pferd, Katze, Frosch: Gendern im Tierreich

Darüber hinaus ist eine inklusive Formulierung im Tierreich noch viel komplexer als sie schon beim Menschen ist. Zwar ist es bei der Gattung „Pferd“ sprachlich noch am einfachsten, dort hat mit „Hengst“ und „Stute“ jeder Vertreter des anderen Geschlechts seinen eigenen Namen und wird auch so angeredet – sofern es bei zwei Geschlechtern bleibt und nicht auf 60 geht wie beim Mensch. Schwierig wird es, wenn im Tierreich nur ein Geschlecht einen Namen hat: „Katze“ ist die Bezeichnung der Gattung als auch die Bezeichnung des weibliches Tieres, das männliche Tier ist der „Kater“. Noch hat aber kein Tiermarkt gendergerechtes Katzenfutter und Katzenstreu im Angebot, noch muss der Kater also wiederwillig Katzenfutter statt Katerfutter fressen und angewidert das vielbesungene Katzenklo statt sein eigenes Katerklo benutzen.

Noch tückischer verhält es sich bei Fröschen und Kröten: Denn der Frosch ist nun mal nicht das märchenhafte Männchen mit der Krone auf dem Haupt und die Kröte ist auch nicht immer das Weibchen. Kröten und Frösche sind zwei verschiedene Gattungen, demnach müsste es korrekt „der Frosch“ und „die Fröschin“ sowie „die Kröte“ und „der Kröter“ oder vielleicht auch „der Kröterich“ heißen, um ihn besser vom Hund abzugrenzen.

Nochmals schwieriger wird es dann beim Plural, da müssten die wandernden Tierchen gendergerecht vielleicht mit „Krötinnen und Kröten“ angeredet werden, wie der Verfasser der städtischen Mitteilung auf Anfrage leicht schmunzelnd noch ergänzte. Dieses sprachliche Problem umgeht die Stadt und spricht bei den wandernden Erdkröten in ihrer Mitteilung daher ganz vorbildlich und korrekt von „Vertreter*innen dieser Art.“ Aber vielleicht ist es einfach noch zu früh damit anzufangen, auch im Tierreich zu gendern: Noch sind nicht mal die Leitlinien bei der gendergerechten Sprache beim Menschen von der Stadt ausformuliert.

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