Posse um einen jungen Uhu – Der ist fortgeflogen

Der Mannheimer Uhu in der Aufzuchtstation des Deutschen Falkenorden in Karlsruhe. Foto: Thomas Hornung, Mannheim

Thomas Hornung aus Karlsruhe und Thomas Hornung aus Mannheim haben nicht nur den selben Namen, die beiden haben auch das selbe Problem: Ihr junger Uhu ist fortgeflogen. Das war im Grunde auch so vorgesehen, aber für die Art und Weise der Auswilderung gab es unterschiedliche Planungen.

Entschuldigungen in Karlsruhe und Mannheim

Die beiden Hornungs haben noch mehr Gemeinsamkeiten: Beide sitzen für die CDU in ihren jeweiligen Gemeinderäten, beide sind Ornithologen und beide entschuldigen sich am Ende für ihren fortgeflogenen Uhu. „Als 1. Vorsitzender des Deutschen Falkenorden möchte ich mich für dieses eigenwillige Vorgehen entschuldigen“, so die Erklärung des Karlsruher Hornung. Und ähnlich klingt auch der Mannheimer Hornung, der als Hobby-Ornithologe mit dem Uhu verbunden war: „Ich muss mich entschuldigen“, sagt er am Samstagabend vor dem Bootshaus am Fernmeldeturm den Anwesenden, die extra zur Auswilderung gekommen waren: „Aber der Uhu ist schon fortgeflogen.“

Dabei müssten sich die beiden Hornungs nicht entschuldigen, denn dass der Uhu unerwartet fortgeflogen ist, war nicht ihr Fehler. Es ist auf alle Fälle eine weitere Anekdote in dem bisher sehr bewegten Leben des noch jungen Uhu.

Nachtaktivität trotz Ausgangssperre

Anfang Januar diesen Jahres gab es die ersten Meldungen, dass eine Uhu wohl in der Mannheimer Stadt unterwegs sei. Auch der Mannheimer Hornung erfuhr davon, und zwar per WhatApp: „Ein Freund hatte die Rufe des Uhu in der Oststadt aufgezeichnet und schickte sie mir als Sprachnachricht.“ Vögel haben Hornung schon immer interessiert, ohne Fernglas geht er nie in die Natur. Sein Engagement für die Vögel brachte ihn schließlich auch zur Politik.

Doch einen Uhu hatte der Hobby-Ornithologe noch nie in freier Wildbahn gesehen. Der Uhu ist ein sehr seltenes Tier, die Bestände sind gefährdet. Vereinzelt kommen wilde Uhus auch in die Stadt, Mannheim hatte Anfang des Jahres das Glück, die Uhu-Rufe waren deutlich zu vernehmen in der Innenstadt und Oststadt zwischen Lanz-Villa und Wasserturm. Allerdings war es damals gar nicht so einfach, das nachtaktive Tier zu sehen oder zu finden: Wegen Corona galt eine nächtliche Ausgangssperre. Aber irgendwie klappte es: „Wir konnten den Uhu auf der Lanz-Villa und auf dem Wasserturm beobachten“, wie Hornung weiter berichtet.

Die Uhu-Rufe waren keine normalen Rufe sondern vielmehr Balzrufe. Und es dauerte nicht lange, und zu dem einen Uhu gesellte sich noch ein zweiter. Im Januar zog das Pärchen in den Turm der Mannheimer Konkordienkirche in der Nähe des Marktplatzes ein. Die dort eigentlich beheimateten Falken mussten da kurzentschlossen ausziehen und fanden am Fernmeldeturm ein neues Zuhause.

Nachwuchs in der Konkordienkirche

Und aus der Falken-WebCam am Nest an der Konkordienkirche wurde eine Uhu-WebCam und lieferte erstmals detaillierte Fotos von dem Uhu-Pärchen. Damit gab es erstmals auch weitere Informationen zum Uhu. Denn das Uhu-Männchen schlüpfte einst im katholischen Dom zu Speyer, doch für seine Familie und seinen Nachwuchs suchte er sich die evangelische Konkordienkirche in Mannheim aus.

Eine Playlist auf Youtube zeigt die webCam Aufnahmen aus der Konkordienkirche.

Im März schon lagen drei Eier im Nest der Konkordienkirche, einen Monat später schlüpften die Jungen. Dank Uhu-WebCam konnte Mannheim live mitverfolgen, was sich im Nest tat. Inklusive dem Drama, das sich danach abspielte: Denn das männliche Alttier kam nicht mehr zum Füttern, die Jungen starben einer nach dem anderen.

Vom geretteten Küken zur stolzen Dame

Der städtische Naturschutzbeauftragte der Stadt Mannheim, Gerhard Rietschel, machte dem Sterben ein Ende und holte das dritte und letzte noch lebende Küken aus dem Nest. Einige Wochen peppelte er es noch auf, dann übergab er es an den Falkenorden nach Karlsruhe zur weiteren Aufzucht. „Ich kenne den Falkenorden ganz gut aus meiner Jugend“, erzählt der Mannheimer Hornung und besuchte hin und wieder den jungen Uhu. Der Uhu entwickelte sich prächtig, es war ein Weibchen und hatte zuletzt eine Größe von 70 Zentimeter und brachte es auf 2,8 Kilo Idealgewicht. Anfang September sollte die Dame ausgewildert werden.

Eine prächtige Dame: 70 Zentimeter Groß, 2,8 Kilogramm schwer. Foto: Thomas Hornung, Mannheim

Der Mannheimer Hornung setzte sich beim Karlsruher Hornung dafür ein, dass der Uhu in Mannheim wieder ausgewildert werden soll. Der Mannheimer Hornung bezeichnet es als große Chance, wenn der Uhu dauerhaft in der Stadt ein Revier hätte: „Der reduziert die Ratten, Kaninchen, Tauben und die Krähen in der Stadt“, wie er erklärt. Für Hornung ist die Stadt nicht nur Lebensraum für den Menschen: „Wir müssen unseren Lebensraum auch für die Tiere mitgestalten. Wir müssen uns mit der Natur identifizieren.“

Die Auswilderung wird zum Politikum

Alles war schon vorbereitet für die Auswilderung, viele Naturfreunde hatten sich Samstagabend in Mannheim am Fernmeldeturm versammelt um die Auswilderung dieses riesigen Vogels mit zu erleben. Auch in Karlsruhe liefen die Vorbereitungen für die Auswilderung in Mannheim. „Unser Mitglied wusste, dass der Uhu nach Mannheim zurück soll und das es dort auch einen Pressetermin geben sollte“, erklärt der Karlsruher Hornung.

Ohne sein Wissen liefen aber noch andere Vorbereitungen, denn das besagte Mitglied hatte ganz andere Pläne für den Mannheimer Uhu. Der Uhu sollte offensichtlich nicht mehr nach Mannheim zurück kommen und so wurde der Uhu einfach in Karlsruhe freigelassen. „Dies war mit mir nicht abgestimmt und deshalb war ich sehr entsetzt als ich von der Freilassung erfahren habe.“ So lautet die offizielle Version der Ereignisse, wie sie der 1. Vorsitzende des Falkenorden kommuniziert.

Hat es Druck aus Mannheim gegeben?

Es soll aber auch Druck aus Mannheim gegeben haben, um die geplante Auswilderung am Fernmeldeturm zu verhindern. So lautet eine detailliertere, nicht offizielle Version der Ereignisse, die ebenfalls bekannt ist. Der städtische Naturschutzbeauftragte der Stadt Mannheim, Gerhard Rietschel, jedenfalls wollte sich dazu nicht äußern und hat eine Presseanfrage von 6800.info unbeantwortet gelassen.

So bleibt am Ende die Hoffnung, dass der junge Uhu die politische Posse mit Humor nimmt und auch so seinen Weg in seine alte Heimat Mannheim findet. Und es bleibt die Hoffnung, dass es dann vielleicht auch besser klappt mit der Aufzucht der Jungen.

Aufgepluschtert und ausgewachsen sitzt das ehemalige Küken aus Mannheim in der Aufzuchstation des Deutschen Falkenordens. Foto: Thomas Hornung, Mannheim

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