Drückt das Hochwasser die Ratten in die Stadt?

Duch das Neckarhochwasser vom Neckarvorland vertriebene Ratte im Bereich der Kurpfalzbrücke, die ihre Flucht nicht überlebte. Foto: Dieter Leder

Seit einigen Monaten ist Mannheim wieder zweitgrößte Stadt in Baden-Württemberg, knappe 310.000 Einwohner sind offiziell gemeldet, ein paar hundert mehr als in Karlsruhe. Damit schiebt sich Mannheim aber auch in der inoffiziellen Rattenstatistik in Baden-Württemberg auf den zweiten Platz vor: Genaue Statistiken über die Population der Ratten gibt es zwar nicht, doch gehen Experten davon aus, dass auf einen menschlichen Stadtbewohner eine Ratte kommt. In Mannheim würden demzufolge neuerdings auch 310.000 Ratten leben.

Wenn Ratten sichtbar werden

Sichtbar sind die scheuen Nager kaum, sie leben weitgehend im Untergrund. Erst bei Bautätigkeiten werden sie bisweilen aus dem Untergrund vertrieben und können an der Oberfläche sichtbar werden. Oder bei starken Regenfällen, wenn so manches vollgelaufene Kanalrohr zur tödlichen Rattenfalle wird und die Tiere dann in großer Stückzahl in der Kläranlage angeschwemmt werden.

In der Mannheimer Kläranlage angeschwemmte tote Ratte: Ergiebige Regenfälle mit vollgelaufenen Kanalrohren werden Ratten regelmäßig zum Verhängnis. Foto: Dieter Leder

Aber auch Hochwasser kann für die Ratten zum Problem werden, wenn der steigende Grundwasserspiegel oder gar überschwemmte Flächen ihre Rattenbauten unter Wasser setzen. Da das Wasser meist langsam steigt, bleibt den Ratten genügend Zeit zur geordneten Evakuierung. So manch Mannheimer erinnert sich noch an die großen Hochwasser in den 80er und 90er Jahren, als in den Hinterhöfen und Kellern der flußnahen Straßen insbesondere entlang des Neckarvorlandes plötzlich ganze Rattenkolonien vor dem herannahenden Hochwasser temporär Unterschlupf gesucht haben.

Essensreste ziehen Ratten an

Das Julihochwasser dieses Jahr stieg in Mannheim auf den Rheinpegel von nur 745 Zentimetern und war damit noch einen guten Meter von den Rekordhochwassern aus den 80er Jahren entfernt. Ratten waren oder sind dieses Jahr offenbar kein Problem, wie diverse Hausbewohner entlang des Neckarvorlandes übereinstimmend berichten: „Ratten bekommen wir immer wieder auf dem Neckarvorland zu sehen, das ist schlimm“, bestätigt ein Anwohner aus der Dammstraße in der Neckarstadt-West, „Da wird so viel Essen weggeworfen, das zieht die Ratten an.“ In dem Haus mit direktem Neckarblick, in dem er wohnt, gibt es aber schon lange keine Ratten mehr, auch im Hinterhof nicht. Und insbesondere auch jetzt beim Hochwasser konnte er keine Spuren von geflüchteten Ratten ausmachen: „Keine Ahnung wo die jetzt sind, hier jedenfalls nicht.“

Die Ratte “Rémy” aus dem Animationsfilmes “Ratatouille”, als sie auf einem Misthaufen vom Menschen weggeworfene Lebensmittel findet. Foto: Screenshot aus Ratatouille

Auch auf der anderen Neckarseite ist ähnliches zu erfahren: „Es gibt hier immer Ratten, aber das sind nur wenige“, erklärt eine Anwohnerin aus der Bassermannstraße in der Oststadt: „Die kommen eher aus dem Unteren Luisenpark als vom Neckarvorland, da gibt es mehr achtlos wegeworfene und liegengelassene Lebensmittel.“ Und auch in der Innenstadt gibt es derzeit nicht mehr Ratten als sonst, wie Anwohner aus den Neckar-nahen Quadraten berichten: „Früher hatten wir bei Hochwasser den Keller voller Ratten“, wie ein Geschäftsmann erzählt, er war dieser Tage im Keller, „aber der ist diesmal zum Glück trocken und rattenfrei.“

Zahlreiche tote Ratten am Neckarvorland

Dennoch, so ganz spurlos ist das Hochwasser bei den Ratten auf dem Neckarvorland nicht vorüber gegangen. Noch bevor das Hochwasser sein Maximum erreichte, lagen auf der Innenstadt-Seite des Neckars insbesondere im Bereich zwischen Collini-Steg, Kurpfalzbrücke und Museumsschiff dutzende tote Ratten auf dem Weg oder im Gebüsch: Auf Grund der noch nicht eingesetzten Verwesung müssen die erst kurz zuvor gestorben sein.

„Seit das Wasser steigt und auf der Wiese steht hat es hier viele tote Ratten“, berichtet eine Frau mit ihren zwei angeleinten Hunden, die wie auch die zuvor zitierten Bewohner der Neckar-nahen Häuser beim Thema Ratten nicht namentlich genannt werden möchte. Mit ihren Hunden geht sie gar nicht mehr auf dem unteren Weg auf dem Neckarvorland spazieren, obwohl sie es noch könnte: Da war der Weg noch nicht überflutet, aber der Anblick der vielen toten Ratten sei auch für sie und ihre Hunde zu viel.

Woran die Ratten verendeten, ist nicht bekannt, äußere Verletzungen waren nicht erkennbar: Gift oder auch Stress auf der Flucht vor dem Hochwasser könnten Ursachen für die zahlreichen toten Ratten gewesen sein. Der untere Weg auf dem Neckarvorland wurde jedenfalls vom Hochwasser überspült und hat die vielen toten Ratten weggeschwemmt.

In der inoffiziellen Baden-Württembergischen Rattenstatistik dürfte Mannheim nach den Geschehnissen wohl nicht mehr auf Platz zwei liegen. Aber bekanntermaßen besiedeln Ratten ja zügig wieder ihr verlorenes Gebiet, die Tierchen werden also schnell dafür sorgen, dass Mannheim wieder auf Platz zwei zurück kommt.

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